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Ein Fahrrad, kurz auch Rad, in der Schweiz Velo (v. frz.: vélocipède = „Schnellfuß“, lat.: velox = schnell und pes = Fuß, veraltet und scherzhaft auch Drahtesel), ist ein zumeist zweirädriges, einspuriges Landfahrzeug, das mit Muskelkraft durch das Treten von Pedalen angetrieben wird. Es wird bei höherem Tempo durch stabilisierende Kreiselkräfte der Räder sowie Gewichtsverlagerung und Lenkbewegungen des Fahrers im Gleichgewicht gehalten (siehe auch Fahrradfahren).
Der Begriff „Fahrrad“ wurde durch Übereinkunft deutscher Radfahrervereine 1885 für „Bicycle“ (engl. v. frz.: le vélocipède bicycle = „das zweirädrige Veloziped“) eingeführt, ebenso „Radfahrer“ (umgangssprachlich Radler) für „Bicyclist“ und „radfahren“ (das Radfahren) für „bicyceln“. Weitere, lokale Bezeichnungen sind im plattdeutschen "Fietse" (wie im Niederländischen) und in Münster (Westfalen) "Leeze".
Das Fahrrad war das erste mechanische Individualverkehrsmittel. Nach der Nähmaschine war das Fahrrad das zweite technische Serienprodukt.
Geschichte
Fälschungen und Legenden
Behauptungen, das Fahrrad sei schon in der Antike oder im Mittelalter erfunden worden, sind nicht überzeugend belegt. Das „Fahrrad“ auf einem Kirchenfenster in Stoke Poges hat nur auf einer von E. O. Duncan in seinem Privatdruck verbreiteten Zeichnung zwei Räder sowie Fahrer in Cromwellscher Tracht. Auf dem Original ist hingegen ein einrädriger Wegmesser zu sehen.
Die fahrradähnliche Zeichnung im Codex Atlanticus (133v), die einem Schüler von Leonardo da Vinci zugeschrieben wird, ist eine Fälschung aus den frühen 70er Jahren des 20. Jahrhunderts.
Bei dem angeblich vom Comte de Sivrac 1791 erfundenen velocifère oder célèrifère, einem starren Zweirad, handelt es sich um eine Falschmeldung, die hundert Jahre später von Baudry de Saunier in Umlauf gebracht wurde.
Das Fahrrad des russischen Bauern Artamonow, der damit 1801 vom Ural nach Moskau gefahren sein soll, gilt ebenfalls als Fälschung, weil es zu viele Entwicklungsschritte übersprungen hat.
Es gibt zahlreiche weitere Beispiele für Fälschungen, wie ein Fahrrad aus Themar (Thüringen), das auf 1844 datiert war. Dasselbe gilt für ein italienisches Fahrrad von 1855, das heute im Museo Nationale della Scienza e della Tecnica da Vinci steht.
Sie alle wiesen starke Ähnlichkeit mit den Michaux-Velozipeden auf. Es wäre vorstellbar, dass eines der Fahrräder durchaus vor dem Kurbelveloziped (von Lallement oder Michaux) entstanden ist, doch fehlen bislang solide Beweise.
Muskelkraft
Im 17. Jahrhundert scheint es erste von Menschen betriebene Fuhrwerke gegeben zu haben, die aber nur für Repräsentationszwecke (Triumphwagen) benutzt wurden. Der querschnittsgelähmte Uhrmacher Stephan Farfler hat sich zu dieser Zeit ein dreirädriges Gefährt mit Handkurbelantrieb und Zahnradübersetzung gebaut.
Im 18. Jahrhundert fanden vierrädrige, durch Muskelkraft betriebene Wagen in herrschaftlichen Parks Verwendung – sie wurden über Pedale vom Personal angetrieben. Jedoch benötigten Muskelkraftwagen wegen der immensen Masse viel Kraft, so dass eine relativ schnelle Ermüdung die Folge war.
Heute trifft man bei Fahrrädern ausgeklügelte Technik an. Im Vergleich zu Autos oder Flugzeugen bedient sich das Fahrrad nur scheinbar geradezu primitiver Technik. Die physikalische Theorie ist jedoch komplex.
Diese Sonderstellung verdankt das Gefährt seinem hohen Wirkungsgrad. Die erforderliche Bewegungsenergie (Joule pro Gramm und Kilometer) ist relativ zur Masse bei keiner Fortbewegungsart so niedrig wie beim Fahrrad. Daher ist das Fahrrad eines der ökologischsten Verkehrsmittel. Die Fahrradschaltung hat einen Wirkungsgrad von 95 Prozent (einfache Nabenschaltung) bis 99 Prozent (hochwertige Kettenschaltung). Der Gesamtwirkungsgrad eines Fahrrades beträgt je nach Pflegezustand, Fahrweise und verwendeter Technik unter 70 bis über 90 Prozent. Der Mensch wird oft unterbewertet, die technischen Merkmale des Fahrrades zu hoch. Der Mensch besitzt einen technischen Wirkungsgrad von etwa 25 Prozent.
Zweiradprinzip
Tatsächlich erfunden hat das einspurige Zweirad Karl Drais, damals noch Freiherr, 1817 in Mannheim. Der Fahrer saß zwischen den Rädern und stieß sich mit den Füßen am Boden ab. Diese hölzerne, von ihm selbst so genannte „Laufmaschine“ hieß nach ihm in der Presse bald „Draisine“. Häufig wird unter diesem Begriff auch die 1837 in Wien als Zweirad erfundene Eisenbahn-Draisine verstanden. Drais selbst erprobte dann 1843 eine vierrädrige Eisenbahn-Draisine mit Fußtrommel-Antrieb.
Anlass für die Zweirad-Erfindung dürfte der „Schneesommer“ infolge des Tambora-Vulkanausbruches, der 1816/17 zu Hungersnot und Pferdesterben führte, gewesen sein. Ein Pferdeersatz erschien damals extrem sinnvoll.
Die Drais’sche Laufmaschine war von vornherein mit dem Vorderrad lenkbar. Dies ermöglichte, das fahrende Zweirad auch ohne Kontakt der Füße zum Boden im Gleichgewicht zu halten. Damit war die grundlegende Erfindung gemacht, durch Verringerung der Räderzahl den Fahrwiderstand zu vermindern und durch Ausnutzung der Kreiselkräfte der Räder das Zweirad im Gleichgewicht zu halten. Allerdings mussten die Erwachsenen erst das ungewohnte Balancieren lernen.
Schon kurz darauf wurden in England die ersten, teilweise eisernen Laufmaschinen oder Velozipede gebaut, die sich den Spitznamen hobby horse (Steckenpferd) erwarben. 1819 gab es in Ipswich erste Rennen; in Deutschland wurde erst 1829 aus München davon berichtet.
Heute erfreut sich das Zweirad ohne Pedalantrieb als Kinderlaufrad neuer Beliebtheit. Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts haben alle größeren Kinderfahrradhersteller Kinderlaufräder in ihr Programm aufgenommen.
Pedalantrieb
Nach fünfzig Jahren war dank eines Rollschuh-Booms die Balancierangst überwunden. Wer sich zuerst traute, beim Zweirad die Füße auf Dauer vom sicheren Boden zu nehmen und auf Tretkurbeln zu stellen, ist noch umstritten: um 1864 Pierre Michaux oder Pierre Lallement (US-Patent). Der Eigenbau 1869 von Philipp Moritz Fischer nach Pariser Vorbild wurde vom Schweinfurter Gemeinderat auf 1853 vordatiert. Der Antrieb funktioniert über eine starr an der Vorderradachse angebrachte Pedalkurbel. Dabei entsprach konstruktionsbedingt eine Drehung der Pedale dem zurückgelegten Umfang des Vorderrads.
Erster Hinterradantrieb
Franz Kurtz hatte bereits 1847 ein mechanisch angetriebenes Dreirad erfunden. Das Michaux-Veloziped wurde erst später gebaut. Ein britischer Getreidehändler datierte das Stangenveloziped von Thomas McCall 1869 in einer Pressekampagne Jahre später auf 1839 vor und schob es einem Verwandten unter, dem schottischen Schmied Kirkpatrick Macmillan. Solche Antriebe - z.B. in Deutschland von Johann Friedrich Trefz 1870 patentiert - funktionierten mit Stangen auf Hinterradkurbeln ähnlich wie bei einer Dampflokomotive.
Kettenradantrieb
Die Anwendung des Kettenantriebs im Fahrradbau, der durch verschieden große Zahnräder an den Kurbeln und der Radachse eine Übersetzung ermöglicht (eine Kurbelumdrehung dreht das Rad mehr als einmal), führte zum „Kangaroo“, einem gemäßigten Hochrad mit beidseitigem Kettenantrieb am Vorderrad. Doch erst der 1878 eingeführte einseitige Kettenantrieb des Hinterrades konnte sich wirklich durchsetzen – die Konstruktion war einfacher und stabiler, das Rad wegen der Entkoppelung von Antrieb und Lenkung leichter zu fahren, und die Sitzposition zwischen Vorder- und Hinterrad gewährleistete ein wesentlich sichereres Fahrverhalten.
Das Hochrad
Um mit dem Tretkurbelrad höhere Geschwindigkeiten fahren zu können, vergrößerte man das Vorderrad. Das Übersetzungsprinzip war bis dahin unbekannt. So entwickelte sich 1870 das Hochrad. In vielen Städten wurde das Hochradfahren sogleich verboten, in Köln noch bis 1894.
Pioniere in Sachen Fahrrad mit Vorderradantrieb waren entweder Pierre Michaux oder Pierre Lallement, der 1866 ein US-Patent darauf erhielt. Die Fabrikantensöhne Olivier vermarkteten mit Michaux das Tretkurbelrad kommerziell. Die französische Binnennachfrage übertraf jederzeit weit das ständig steigende Angebot. Erst in Folge der Weltausstellung 1867 in Paris, auf der Michaux warb, erregten Tretkurbelräder im übrigen Europa Aufmerksamkeit. In England bekam 1868 James Starley, technikbegeisterter leitender Angestellter einer Nähmaschinenfabrik, ein Michauxrad in die Hände, befand es für zu schwer und unhandlich. Er entwickelte ein epochal neues Fahrradmodell, das als "Ariel" ab September 1871 angeboten wurde. Es verfügte über Vollgummibereifung mit Drahtspeichen. Das Vorderrad war mit 125 cm Durchmesser deutlich größer als die bis dahin üblichen und deutlich größer als das Hinterrad mit 35 cm. Auf der Weltausstellung 1871 in Paris zeigte Starley ein Hochrad mit 2,50 m Vorderrad-Durchmesser, das der Kundschaft die bezweifelte Belastbarkeit von Drahtspeichen beweisen sollte.
Eine wichtige Voraussetzung für das Hochrad war die Erfindung gespannter, nur zugbelasteter Stahlspeichen durch Eugène Meyer (1869).
Das Hochradfahren verlangte deutlich mehr Geschick, besonders beim Auf- und Absteigen. Durch den hohen Schwerpunkt (der Sattel befand sich rund 1,5 Meter über dem Boden und nur wenig hinter der Vorderachse) drohte Hochradfahrern bei Bremsmanövern oder Straßenunebenheiten die Gefahr, sich zu überschlagen. Dennoch wurden mit Hochrädern auch Radrennen gefahren, wobei Geschwindigkeiten von deutlich mehr als 40 km/h üblich waren. Tödliche Kopfstürze waren nicht selten. Die Entwicklung geriet gleichwohl in eine Sackgasse.
Trotz seiner Schwächen hielt das Hochradfahren lange das Monopol auf dem Markt der Zweiräder. Dies auch, weil sich der Hochradfahrer vom normalen Bürger "abhob". Er überragte ihn geradezu im doppelten Sinne. Das Hochrad war ein Dandy-Fahrzeug - gemessen an der damaligen Kaufkraft - zum Preis eines kleinen Autos.
Obwohl das Hochrad eine "technische Fehlentwicklung" ist, hat es sich bis heute eine Fangemeinde von Idealisten (oder Individualisten) zu bewahren verstanden. Das Hochrad erfordert eine vorausschauende Fahrweise, ein Fahren mit allen Sinnen. Der fehlende Freilauf verlangt ein gleichmäßiges Treten bei ebenso gleichmäßiger Geschwindigkeit, erhöhten Kraftaufwand bergauf und Gegendruck auf die Pedale bergab, ein meditativ empfundenes Treten, verstärkt durch den - nach heutigen Maßstäben - eklatanten Mangel an technischen Raffinessen. Die "Penny Farthings", so genannt nach den ungleich großen Münzen einer alten englischen Währung, sind auch heute noch Aufsehen erregende Fahrzeuge.
Das Safety
Bekanntester Vertreter dieser Bauform war das von John Kemp Starley seit 1884 angebotene „Rover Safety Bicycle“. Der Name Safety rührt daher, dass das Safety aufgrund der niedrigeren Sitzposition des Fahrers sicherer war als das Hochrad. Zudem war das Safety schneller und auch bequemer als das bis dahin etablierte Hochrad.
Seit 1884 waren in Deutschland auch die ersten brauchbaren Kugellager der von Friedrich Fischer gegründeten „Velociped-Gußstahlkugelfabrik“ erhältlich, die den Reibungswiderstand in Naben und Tretlager drastisch verringerten.
Die Gebrüder Ljungström waren sehr kreative und typische Erfinderpersönlichkeiten des 19. Jahrhunderts. Sie erfanden nicht nur den nach ihnen benannten Turbinentyp, sondern auch eine frühe Form des Fahrrades. Dieses Fahrrad besaß bereits die heute bekannte Rahmenform, der Antrieb des Rades funktionierte jedoch nach einem völlig anderen Prinzip. Die Gebrüder verwendeten Klavierdraht und Exzenter statt Fahrradkette und Hinterradritzel. Ihr Svea-Fahrrad mit Freilauf wurde ab 1892 in Serie hergestellt und konnte sich für etwa zehn Jahre am Markt behaupten, bis die technologischen Probleme bei der Herstellung von Fahrradketten überwunden waren.
In der Geschichte des Fahrrades wurden immer wieder Alternativen zum Kettenantrieb erfunden und erprobt – von Kardanwellen über Riemenantrieben bis zu hochkomplizierten Hebelmechanismen. Doch keine dieser Entwicklungen konnte bisher langfristig mit der Kette konkurrieren.
Diamantrahmen und Stahlrohr
Um 1880 kam der Diamantrahmen auf, eine Fachwerkkonstruktion aus einem Trapez für den Hauptrahmen (durch Verschmelzen von Ober- und Unterrohr am Steuerkopf wird das Trapez bei aktuellen Alu- und Carbonrahmen jedoch manchmal zum Dreieck) und einem doppelten Dreieck für den Hinterbau („Diamant“ ist eine falsche Übersetzung von diamond, was auch Raute bedeutet und die Rahmenform beschreibt).
Bis dahin waren bei Niederrädern sogenannte Kreuzrahmen üblich, die im wesentlichen aus einer Strebe von der Vordergabel zur Hinterachse und einer zweiten, sie kreuzenden Strebe vom Sattel zum Tretlager bestanden. Beim Diamantrahmen werden die Streben fast nur durch Zug und Druck belastet und kaum noch durch Verwindung oder Verbiegung – deshalb ist er wesentlich stabiler als ein Kreuzrahmen.
„Das nahtlos gezogene Stahlrohr“
Die Rahmen früher Fahrräder waren aus massivem Eisen oder Hohlstahl gefertigt und entsprechend schwer. 1885 ließen sich die Brüder Mannesmann ein Verfahren zur Erzeugung nahtloser Stahlrohre patentieren. Mit diesem seit 1890 erhältlichen Stahlrohr war schließlich das Rahmenmaterial gefunden, das bis vor kurzem im hochwertigen Fahrradbau dominierte und inzwischen teilweise durch Aluminium und im Radrennsport auch durch kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff (umgangssprachlich Carbon) verdrängt wird. In der Massenproduktion waren allerdings die billigeren, mit Längsnaht geschweißten Stahlrohre üblich.
Das aus Stahlrohr gefertigte „Rover“ mit Diamantrahmen wurde zum Prototyp des modernen Fahrrads.
Die qualitativ hochwertigsten gezogenen Stahlrohre für Fahrradrahmen wurden bis in die 1990er Jahre von den Herstellern Columbus und Reynolds hergestellt.
„Damenräder“
Eine etwas andere Rahmengeometrie ist bei sogenannten Damenrädern üblich. Statt vom oberen Ende des Sitzrohres waagerecht zum Steuerrohr verläuft das Oberrohr hier von einer am Sitzrohr etwa 20 cm über dem Tretlager angesetzten Muffe zunächst horizontal, dann mehr oder weniger parallel zum Unterrohr. In sportlicheren Versionen ist es ungekrümmt und verbindet ungefähr die Mitte des Sitzrohres mit dem Steuerrohr. Ein solcher Rahmen ist weniger stabil, da das Sitzrohr durch die Hinterbaustreben auf Biegung belastet wird und die Torsionssteifigkeit im Bereich des Lenkkopfs gegenüber dem Diamantrahmen stark reduziert ist.
Sattel
Fahrräder haben einen Sattel, der dem Körper während der Fahrt Halt gibt. Für weitergehende Informationen siehe Fahrradsattel.
Luftreifen
1888 erfand der schottische Tierarzt John Boyd Dunlop zum zweitenmal nach Robert William Thomson den Luftreifen, der erstmals eine praktikable Dämpfung und zuverlässigere Bodenhaftung ermöglichte. Bis dahin waren Fahrräder mit Eisen- oder seit 1865 mit Vollgummireifen ausgestattet. Den ersten abnehmbaren Luftreifen erfanden die Brüder Michelin 1890 in Frankreich. Der Luftreifen stieß anfangs auf große Skepsis; den Durchbruch brachten erst Erfolge im Rennsport (siehe auch: Fahrradventil, Fahrradbereifung). Während des ersten Weltkrieges wurden "Notmäntel" als Nachrüstsatz entwickelt und in Serie hergestellt.
Freilauf und Schaltung
Der von A. P. Morrow 1889 in den Vereinigten Staaten patentierte Freilauf war unter Radfahrern zunächst sehr umstritten. Die Freilaufgegner hatten ebenso gewichtige Argumente gegen seine Anerkennung im Radsport wie die Befürworter dafür. Der in den USA schon früher entschiedene Streit wurde in Deutschland erst nach 1900 durch die erfolgreiche Markteinführung der Torpedo-Freilaufnabe von Fichtel & Sachs mit integrierter Rücktrittbremse beendet.
1907 wurde die erste 2-Gang-Nabenschaltung nach einem Patent der Wanderer-Werke von Fichtel & Sachs auf den deutschen Markt gebracht. Sie besaß ein Planetengetriebe und ebenfalls eine Rücktrittbremse.
Im Gegensatz zu einer Kettenschaltung zeichnet sich die Nabenschaltung durch den geringen Wartungsaufwand und damit hohe Alltagstauglichkeit aus. Nachteilig ist das höhere Gewicht und der im Vergleich zu einer Kettenschaltung etwas geringere Wirkungsgrad - mit Ausnahme des direkten Ganges, bei dem die Kraftübertragung ohne Getriebeeinsatz erfolgt.
Die Nabenschaltungen wurden kontinuierlich weiterentwickelt. Neuere Entwicklungen gibt es u. a. von den Firmen Shimano mit der 8-Gang-Nabenschaltung Nexus oder der etwas länger übersetzten 9-Gang-Nabenschaltung von SRAM, sowie der Firma Rohloff mit der hochentwickelten 14-Gang-Nabenschaltung Speedhub 500/14, in der sich drei Planetengetriebe in einer Nabe befinden. Die von SRAM immer noch produzierten 3- und 5-Gang-Naben erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit, besonders bei Hollandrädern. Die flache Topographie der Niederlande macht niedrige Übersetzungen verzichtbar.
Als Exot sollte hier auch noch die Tretlager-2-Gang-Schaltung der Schweizer Firma Schlumpf genannt werden. Diese lässt sich beispielsweise mit der Nexus-Nabenschaltung kombinieren und erweitert so die Entfaltung in den Bereich der Rohloff-Nabe.
Weitere Entwicklung
Die weitere Entwicklung des Fahrrads orientierte sich am Konzept des Niederrads – lediglich mit Varianten bei Konstruktion und Materialien. Größere Fortschritte wurden nur noch bei Gangschaltung und Bremsen gemacht. Entsprechende Impulse gingen von der Entwicklung des Mountain Bikes (MTB) in den USA aus. Seit den 90er Jahren werden Fahrräder zunehmend mit Federung ausgestattet.
Besonders in den 80ern und 90er Jahren des 19. Jahrhunderts wurde viel mit alternativen Bauformen experimentiert, die sich aber nicht durchgesetzt haben. Dies wiederholt sich momentan teilweise im Bereich der Mountainbikes, wo immer wieder neue ungewöhnliche Rahmenkonstruktionen zu sehen sind. Im Straßen- und Bahnradrennsport bleibt jedoch der Diamantrahmen Standard.
Die im Zusammenhang mit dem Fahrrad gemachten Erfindungen waren wegbereitend für die Entwicklung des Motorrads und des Automobils um 1900, ebenso wie der Kampf gegen Fahrverbote der Obrigkeit.
Mit der Umweltbewegung sind seit den 80er Jahren Sonderformen wie Dreiräder und Liegeräder wiederentdeckt und weiterentwickelt worden, werden aber vom Fahrradhandel nicht so unterstützt wie die im Radrennsport gebräuchlichen Formen. Für diesen Sport wurden solche Räder vom Welt-Radsport-Verband UCI bereits in den 1920ern verboten.
Heute werden Fahrradrahmen zum Großteil aus Stahl und Aluminium hergestellt, häufig mit größerem Rohrdurchmesser. Im Radsport finden auch Rahmen aus Carbon ihren Einsatz.
Radgeschichtliche Organisationen und Literatur
Organisationen, die sich mit der Erforschung der Geschichte des Fahrrads sowie mit der sachgerechten Erhaltung aller damit in Verbindung stehenden Artefakte beschäftigen, sind der britische Veteran-Cycle Club, der deutsche Historische Fahrräder e. V., die US-amerikanischen Wheelmen sowie andere nationale und auch kleinere Clubs, die meist über Internet-Suchmaschinen erreichbar sind. Dort auch Information über Foren und Mailing Lists.
Seit 1990 tagt die International Cycling-History Conference (ICHC) jedes Jahr in einem anderen Land. [1] Ihre Tagungsberichte „Cycle History“, z. Zt. Band 14 – auch in deutschen Bibliotheken vorhanden –, bieten die Möglichkeit, sich in den aktuellen Erkenntnisstand einzuklinken. Die ICHC hat mit verbreiteten patriotischen Fälschungen, Wandersagen und Mutmaßungen aufgeräumt und schreibt die Fahrradgeschichte praktisch neu.
Periodisch erscheinende Publikationen stehen im Zusammenhang mit den Vereinen, außer dem in den USA erscheinenden „Vintage Bicycle Quarterly“[2]
Die Standardmonographie zur Sozialgeschichte des Fahrrads ist Rüdiger Rabensteins Radsport und Gesellschaft. Hier ist auch ein riesiger bibliographischer Anhang zu finden.
Geschichte des Fahrrades in Bildern
Jahr | Modell | Beschreibung |
---|---|---|
17. Jahrhundert | Handbetriebener Wagen des querschnittgelähmten Uhrmachers Stephan Farfler aus dem 17. Jahrhundert. | |
1769 | John Vevers' "Reisewagen". Der Diener am Heck trieb den Wagen mit Tretkurbeln an, gelenkt wurde vom Vordermann. | |
1845 | Karl von Drais auf seiner Laufmaschine. (nicht authentische Karikatur, signiert Hartenstein) | |
– | "The velocipede" oder "Dandy Horse" (Stutzerpferd) aus England. Hier noch mit hölzernem Langbaum. | |
– | "Vélocipède Michaux". | |
– | Aufsteigen auf ein Hochrad: Linken Fuß auf die Fußraste stellen, rechts abstoßen (mit dem Hinterrad zwischen den Beinen), sich vorsichtig auf den Sattel ziehen und die Füße auf die rotierenden Pedale setzen. | |
– | Rennfahrer auf dem Hochrad. | |
1884 | Das "Kängaroo", ein gemäßigtes Hochrad mit beidseitigem Kettenantrieb am Vorderrad kam 1884 in England in den Handel. | |
– | Das "Juno" - weiter auf dem Weg zum Niederrad. | |
– | Niederrad oder Sicherheitsfahrrad mit Kreuzrahmen. | |
– | Niederrad mit Diamantrahmen - bei den frühen Formen fehlte noch die Verbindung vom Sattel zum Tretlager. | |
1914-1918 | Pannensicherer "Notmantel" als Nachrüstsatz im 1. Weltkrieg. | |
– | Voll ausgebildeter Diamantrahmen (Prüfstand der Gebrüder Revoigt). |
Opel Fahrrad 1935
Technik
Die Fahrradtechnik ist heute kompliziert und vielfältig. Einige Komponenten können nur noch mit Spezialwerkzeugen montiert oder repariert werden.
Zu einem ausführlichen Artikel siehe Fahrradtechnik.
Fahrradtypen
Die Unterscheidungen sind nicht standardisiert, die Bezeichnungen unterliegen Moden und sind nicht immer scharf zu trennen. Der Artikel Fahrradtypen versucht, sie dennoch zu ordnen.
Bedeutung als Verkehrsmittel
Das Fahrrad ist das erste und bis heute preiswerteste Individualverkehrsmittel. In Europa erlangte es seine größte Verbreitung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, denn es war auch für Arbeiter erschwinglich, und diese mussten infolge der Industrialisierung immer längere Wege zurücklegen. Durch den wachsenden Wohlstand nach dem Zweiten Weltkrieg und das zunehmende Angebot an vergleichsweise preiswerten motorisierten Fahrzeugen wurde das Fahrrad als alltägliches Verkehrsmittel durch Motorräder und schließlich Autos zurückgedrängt. Erst mit dem wachsenden ökologischen Bewusstsein seit den 1970er Jahren erlangte das Fahrrad in wohlhabenden Nationen Europas wieder eine etwas größere Bedeutung im städtischen Nahverkehr. Für Kinder und Jugendliche dagegen war der Nutzen des Fahrrads schon immer besonders hoch, vergrößert es doch bei minimalen Betriebskosten deren Bewegungsradius enorm.
In den ärmeren Regionen der Welt spielt das Fahrrad noch immer eine ähnlich bedeutende Rolle wie in Europa zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Es wird aber auch dort, soweit es die wirtschaftliche Entwicklung erlaubt, immer mehr durch das Auto ersetzt (zum Beispiel in China). Da Autos zu den Hauptverursachern von Umweltverschmutzung und Klimaveränderung gezählt werden, handelt es sich dabei um eine besorgniserregende Entwicklung.
Die in einer Stadt zurückgelegten Wege sind zu 50 Prozent drei bis fünf Kilometer lang, also mit einem Fahrrad gut zu bewältigen. Es besteht auch die Möglichkeit, Fahrräder in Nahverkehrsmitteln mitzunehmen (besonders in U- und S- bzw. Stadtbahnen, aber auch Bussen). Dadurch ergibt sich eine Kombination aus Individualverkehr ("Bike") und öffentlichem Verkehr ("Ride"). Der Slogan "Bike and Ride" steht für die Möglichkeit, auch aus größerer als Fußweg-Entfernung zur Haltestelle zu gelangen. Zu diesem Zweck sind an wichtigen Bahnhöfen Fahrradstationen mit Serviceeinrichtungen und Fahrradparkhäuser entstanden. So ist es mit Hilfe des Fahrrads durchaus möglich, in Stadt und Land auch größere Entfernungen zurückzulegen.
Öffentliche Fahrräder an Fahrradmietstationen sind ein Angebot in verschieden Städten, um die Nutzung zu fördern und dem Diebstahl entgegenzuwirken. Als energiesparendstes Fortbewegungsmittel überhaupt kann das Fahrrad einen Beitrag dazu leisten, die im Kyoto-Protokoll vereinbarte CO2-Reduktion zu erreichen.
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Bücher über Radreisen veröffentlicht.[3] Spielten in den darauffolgenden Jahrzehnten Radreisen beim sich entwickelnden Tourismus aber eine eher geringe Rolle, so wächst besonders in Europa in den letzten Jahren die Bedeutung des Radtourismus. Durch die Anlage von Radfernwegen und regionaler Radroutennetze gelingt es in vielen Regionen, Touristen für diese ökologische Variante des Urlaubes zu gewinnen.
Gesetzliche Bestimmungen
Nach dem Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr vom 8. November 1968[4] sind Fahrräder im Sinne des Straßenverkehrs „jedes Fahrzeug mit wenigstens zwei Rädern, das ausschliesslich durch die Muskelkraft auf ihm befindlicher Personen, insbesondere mit Hilfe von Pedalen oder Handkurbeln, angetrieben wird“. Für den internationalen Verkehr sind nach Art. 44 des Übereinkommens eine Bremsanlage, eine Klingel und eine Beleuchtungseinrichtung vorgeschrieben.
Fahrräder, die am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen sollen, müssen gesetzliche Mindestanforderungen erfüllen. Häufig werden bei Fahrradhändlern allerdings auch Räder verkauft, die diesen Standards nicht entsprechen. Diese müssen nachgerüstet werden, bevor sie auf Straßen oder Radwegen bewegt werden. Für die Einhaltung der Vorschriften ist generell der Fahrer zuständig. Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit geahndet.
In den deutschsprachigen Ländern gelten unterschiedliche Regelungen.
Deutschland
In Deutschland regelt die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) die Betriebsvorschriften für Fahrräder.
- Fahrräder müssen zwei voneinander unabhängige Bremsen haben.
- Fahrräder müssen mit mindestens einer helltönenden Glocke ausgerüstet sein. Andere Einrichtungen für Schallzeichen, wie Radlaufglocken, sind nicht zulässig.
- Als Beleuchtung sind ein weißer Scheinwerfer und eine rote Schlussleuchte vorgeschrieben, die ständig betriebsbereit sein müssen. Scheinwerfer und Schlussleuchte dürfen nur zusammen einschaltbar sein. Zu ihrer Stromversorgung muss ein Dynamo montiert sein. Die Lichtanlage darf aber auch stattdessen durch Batterien oder Akkus betrieben werden, solange der Dynamo einsatzbereit am Fahrrad verbleibt. Zusätzlich ist höchstens ein batteriebetriebenes Rücklicht erlaubt. Weitere batteriebetriebene Beleuchtungseinrichtungen sind unzulässig. Von der Vorschrift ausgenommen sind Rennräder bis 11 kg. Diese dürfen auch mit ansteckbaren, batteriebetriebenen Leuchten betrieben werden, die stets mitzuführen sind. Alle Einrichtungen benötigen eine Typenzulassung.
- Weiterhin muss am Heck ein roter Rückstrahler sowie ein (mit „Z“ markierter) roter Großflächenrückstrahler befestigt sein. Nach vorne wirkend ist ein weißer Rückstrahler vorgeschrieben. Weiterhin sind gelbe Rückstrahler an den Pedalen und seitlich wirkende in den Speichen anzubringen. Statt letzteren sind auch Reifen mit ringförmigen Reflektorstreifen zulässig.
Österreich
In Österreich existiert in Ergänzung zur StVO die Fahrradverordnung zur Regelung der Betriebsvorschriften.[5]
- Fahrräder müssen zwei voneinander unabhängige Bremsen haben, mit denen auf trockener Fahrbahn eine mittlere Bremsverzögerung von 4 m/s² aus einer Ausgangsgeschwindigkeit von 20 km/h erreicht wird.
- Fahrräder müssen mit einer Vorrichtung zur Abgabe von akustischen Warnzeichen (Glocke, Hupe, etc.) ausgerüstet sein. Von der Vorschrift ausgenommen sind Rennräder bis 12 kg.
- Als Beleuchtung sind ein weißer oder hellgelber Scheinwerfer mit mindestens 100 cd und eine rote Schlussleuchte mit mindestens 1 cd vorgeschrieben. Nicht zulässig nach Zusatzdokument "Ziel der Fahrradverordnung" sind Scheinwerfer und Rücklichter, die am Körper getragen werden (dementsprechend auch nicht am Helm). Bei Tageslicht und guter Sicht dürfen Fahrräder ohne diese Ausrüstung verwendet werden.
- Zur passiven Beleuchtung muss vorne ein weißer, hinten ein roter Rückstrahler mit je 20 cm² Leuchtfläche befestigt sein. Weiterhin sind gelbe Reflektoren an den Pedalen oder gleichwertige Einrichtungen, sowie seitlich wirkende an den Speichen anzubringen. Statt letzteren sind auch ringförmig zusammenhängende weiße oder gelbe Streifen zulässig. Von der Vorschrift ausgenommen sind Rennräder bis 12 kg.
- Als Rennrad gelten Fahrräder, die maximal 12 kg schwer sind, einen Rennlenker und schmale Reifen haben (Felgendurchmesser mind. 630 mm, Felgenbreite max. 23 mm).
Schweiz
In der Schweiz finden sich die Betriebsvorschriften für Fahrräder in der „Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeugen“ (VTS).
- Am Rahmen des Fahrrads muss eine leicht feststellbare, individuelle Nummer eingeschlagen und der Name der Herstellerfirma oder eine Marke unverwischbar aufgetragen sein. Fahrräder müssen eine gut sichtbare Versicherungsvignette tragen.
- Fahrräder müssen zwei kräftige Bremsen haben, von denen eine auf das Vorder- und eine auf das Hinterrad wirkt.
- Fahrräder müssen mit einer gut hörbaren Glocke ausgerüstet sein. Andere Warnvorrichtungen sind untersagt. Von der Vorschrift ausgenommen sind Fahrräder unter 11 kg.
- Fahrräder sind mit einer Diebstahlsicherung zu versehen.
- Als Beleuchtung sind ein weißer Scheinwerfer und eine rote Schlussleuchte vorgeschrieben, die auf mindestens 100 m sichtbar sind. Die Ausrüstung kann fest angebracht oder abnehmbar sein.
- Zur passiven Beleuchtung muss vorne ein weißer, hinten ein roter Rückstrahler mit je 10 cm² Leuchtfläche befestigt sein. Darüber hinaus sind gelbe Reflektoren an den Pedalen anzubringen.
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